Internettelefonie - Pro & Kontra


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Na so was, schon wieder was neues: Telefonieren über das Internet - sicherlich nur eine Modeerscheinung, über die in ein paar Jahren niemand mehr ein Wort verliert! Oder vielleicht doch...?

Bevor diese Frage hier eine Antwort findet, sollten wir uns den "neumodischen Kram" vielleicht erst einmal etwas genauer ansehen. IP (sprich "eipi") steht für Internetprotokoll, welches zusammen mit dem Protokoll TCP (sprich "ticipi") den siamesischen Zwilling TCP/IP bildet und als solches die Basis der Kommunikation sowohl in annähernd allen lokalen Netzwerken (LANs) als auch im weltweiten Datennetz, dem Internet, ist. (Mehr zum Thema TCP/IP erfahren Sie auf dieser Website im gleichnamigen Artikel.) Generell kann zwischen zwei bestehenden Netzen unterschieden werden: dem Telefonnetz oder Festnetz und dem weltweiten Datennetz, dem Internet.

Im Grunde ist es doch naheliegend, die Netzwerkstrukturen des Internet nicht nur für die Übermittlung von Daten, sondern auch für die Übertragung von Sprachinformationen zu nutzen. Die Idee ist übrigens gar nicht so neu und wurde bereits 1995 von der israelischen Firma VocalTec in der Praxis vorgeführt: ein Telefonat von PC zu PC. Es dauerte allerdings eine ganze Weile, bis die Internettelefonie oder auch VoIP (Voice over IP) Fuß fassen konnte, und der ist auch heute, 9 Jahre später, noch eher ein Kinderfuß. Das lässt vermuten, dass der Internettelefonie mehr Nach- als Vorteile anhaften.

Ziel dieses Artikels ist es, Licht ins Dunkel zu bringen und es dem Leser zu ermöglichen, sich diesbezüglich eine eigene Meinung zu bilden.

Um zu verstehen, woran die erwähnte Zurückhaltung liegt, sollten wir der technischen Seite der Internettelefonie ein wenig mehr Aufmerksamkeit widmen. Wie erwähnt nutzt die Internettelefonie das Protokoll IP als Basis. Um via Internet mit einem Gesprächspartner wie über Telefon kommunizieren zu können, bedarf es einer entsprechenden Hardware. Das kann entweder ein PC mit angeschlossenem Headset bzw. Mikrofon und Lautsprechern sein oder ein IP-Telefon. Außerdem gibt es Adapter, mit denen ein herkömmliches Telefon an das Internet angeschlossen werden kann.

Wenn Sie von einem PC oder IP-Telefon einen anderen PC oder ein anderes IP-Telefon direkt anrufen möchten, müssen Sie anstelle der Telefonnummer die IP-Nummer wählen. Die IP-Nummer identifiziert einen an das Internet angeschlossenen PC für die Dauer der Verbindung so eindeutig wie die Telefonnummer einen Telefonanschluss. Sie setzt sich aus 4 Byte zusammen und hat z.B. folgende Struktur: 192.168.0.254 . (Wenn Sie in Erfahrung bringen möchten, mit welcher IP-Nummer Sie momentan im Internet präsent sind, dann gehen zurück auf die Startseite von website-go. Dort können Sie Ihre IP-Nummer oben rechts in dem schwarzen Rahmen ablesen.)

Trennen Sie nun Ihre Internetverbindung und stellen diese dann erneut her, dann werden Sie höchstwahrscheinlich feststellen, dass sich die IP-Nummer geändert hat; und eben hier liegt ein Problem. Wenn Sie per Internet angerufen werden wollen, muss dem Anrufer Ihre aktuelle IP-Nummer bekannt sein. IP-Nummern werden meist dynamisch vergeben und verändern sich dementsprechend mit jeder neuen Einwahl. Es ist also bereits vor dem Anruf ein Informationsaustausch erforderlich, der die IP-Nummer des Anzurufenden offenbart. Dass dies nicht eben praktisch ist, liegt auf der Hand.

Schon anders sieht die Sache allerdings für Firmen aus, die über ein eigenes Netzwerk verfügen, da hier ohne weiteres statische IP-Nummern vergeben werden können - hier ist jeder PC bzw. jedes IP-Telefon immer über die gleiche Nummer erreichbar. Außerdem verfügen Firmen oft über eigene sogenannte "Adressräume" (öffentlich erreichbare IP-Nummernblöcke) oder wenigstens über eine statische IP-Nummer, d.h. sie können auch von außerhalb über eine bekannte Nummer erreicht werden, so wie es bei herkömmlichen Telefonaten ja ganz normal ist.

Allerdings setzt das Telefonieren über das Internet einen minimalen Datendurchsatz (Informationsdichte pro Zeiteinheit, wird in kb/s gemessen) voraus, der in der Praxis nur mit der DSL-Technik oder wenigstens einem ISDN-Anschluss erreicht wird und stark von der momentanen Netzauslastung abhängig ist. Nicht mehr tragbar ist jedoch das Argument, die IP-Telefonie sei unpraktisch, da die Gesprächsqualität generell mangelhaft sei. Ganz im Gegenteil: bei adäquater Anbindung gewährt die Internettelefonie mit der heute zur Verfügung stehenden Software und Hardware eine hervorragende Sprachwiedergabe.

Ein weiterer Hemmschuh sind oft verwendete Mechanismen wie z.B. NAT, Routing oder Firewalls, die u.a. der Datensicherheit im Internet dienen und für die IP-Telefonie oftmals schwer oder gar nicht überwindbare Hürden darstellen. Wer dieses Problem löst, indem er einfach die Firewall ausschaltet, gefährdet damit die Sicherheit seines PC-Systems.

Doch kommen wir nun zu den unbestreitbaren Vorteilen der Internettelefonie. Da steht an erster Stelle - Sie ahnen es - die mögliche Kostenersparnis. Wer über eine schnelle Datenanbindung (z.B. DSL) und darüber hinaus über ein pauschales Abrechnungsverfahren (Flatrate) verfügt, kann prinzipiell kostenlos rund um den Globus telefonieren. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn der Angerufene ebenfalls über einen entsprechenden Anschluss angebunden ist und seine IP-Nummer bekannt ist (s.o.). Will man per IP in das Festnetz telefonieren, dann muss der Dienst eines Providers in Anspruch genommen werden, der für den Übergang vom Datennetz in das Telefonnetz sorgt und sich das natürlich bezahlen lässt.

Ein weiterer Vorteil der IP-Telefonie ist das Potential, welches in der Anbindung an verschiedenste Datenbanken liegt. Wenn Sie heute bei der telefonischen Bestellung einer Pizza bei Ihrem favorisierten Pizzadienst mit der Frage "Hat Ihnen die Funghi am Donnerstag geschmeckt?" begrüßt werden, dann mögen Sie sich jetzt noch darüber wundern, wie der Mitarbeiter sich merken kann, was Sie am Donnerstag letzte Woche für eine Pizza genossen haben. In Zukunft, wenn die Internettelefonie erst einmal Standard geworden ist, wird es ganz normal sein, dass der Pizzamann neben Ihrer Rufnummer auch automatisch die Informationen aus der Datenbank des Pizzaservices auf seinem Bildschirm hat, die ihm Ihre kulinarischen Gewohnheiten bzgl. der italienischen Riesenkekse verraten.

Was immer wir auch heute von der Internettelefonie halten mögen, sie wird sich im Laufe der nächsten Jahre zu einem allgemeinen Standard entwickeln und so selbstverständlich sein wie es heute der Datenverkehr per Email ist. In den USA hat die IP-Telefonie bereits heute einen Marktanteil von annähernd 15%. Meist merkt der Angerufene nichts davon, dass er von einem IP-Telefon aus angesprochen wird - die Sprachqualität steht der eines herkömmlichen Telefonats meist in nichts nach.

Doch lassen Sie uns nun nach all der Theorie einen kleinen praktischen Test zum Thema machen. Man nehme: einen PC mit duplexfähiger Soundkarte (ermöglicht gleichzeitige Sprachein- und Ausgabe, heute meist Standard), ein Headset (oder Mikrofon und Lautsprecher) und schließe es an den PC an. Falls Sie mit dem Betriebsystem Windows arbeiten, starten Sie das Programm "NetMeeting" (klicken Sie hierzu im Ordner NetMeeting unter C:/Programme auf conf.exe) und klicken sich durch den Assistenten, bis das Programm betriebsbereit ist. Stellen Sie eine Internetverbindung her und teilen Sie NetMeeting die IP-Nummer des Anzurufenden mit. Et voila, schon steht die Verbindung! Wie? Sie Kennen dessen IP-Nummer nicht? Na, dann rufen Sie Ihren Gesprächspartner doch einfach mal an und fragen ihn danach. Wie er diese in Erfahrung bringen kann wissen Sie ja nun. - oder? (Tipp für Kommandozeilenfreaks: MS-Dos-Eingabeaufforderung/ipconfig)

Fazit: Die Internettelefonie wird in den nächsten Jahren immer mehr Bedeutung gewinnen und stellt bereits heute eine günstige Alternative zu herkömmlichen Telefonaten dar. Besonders Unternehmen werden die mögliche Kostenersparnis und zusätzlichen Leistungen von VoIP schätzen lernen. Doch auch Privatpersonen, die bereits über einen PC und einen Breitband-Internetzugang (z.B. DSL) verfügen, können mittels IP-Telefonie den Geldbeutel schonen, besonders dann, wenn der Gesprächspartner ebenfalls einen PC mit Internetzugang besitzt. Verfügt der Anrufer über eine Flatrate kann er so um den ganzen Erdball telefonieren, ohne dass zusätzliche Kosten anfallen. Die Gesprächsqualität der Internettelefonie ist heute in der Regel vergleichbar mit oder gar besser als die herkömmlicher Telefonate. Auch das Telefonieren von einem PC zu einem herkömmlichen Telefon ist möglich, es fallen dann allerdings Verbindungskosten an. Die meisten modernen PC verfügen über die notwendigen Einrichtungen für VoIP, meist fehlt lediglich ein Mikrofon bzw. Headset. Nun? Wann verlieren Sie Ihr erstes Wort über die Internettelefonie?


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